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Urteil
Wann darf ein Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet werden?
Wer dies vermeiden möchte, kann mit dem Mitarbeiter vereinbaren, dass dieser die Kosten für die Fortbildung ganz oder teilweise selber trägt. Das hat das Bundesarbeitsgericht unlängst klargestellt.
Allerdings ist Vorsicht geboten. Vereinbarungen, die von dem Mitarbeiter verlangen, dass er eine Mindestzeit nach der Fortbildung in der Praxis weiter arbeiten muss, sind unwirksam. Die Vereinbarung darf also nicht mit einer Verpflichtung des Mitarbeiters verknüpft sein.
- Das Urteil
Unproblematisch lassen sich Vereinbarungen treffen, nach denen der Mitarbeiter die Kosten entweder ganz oder teilweise selber trägt. Darüber hinaus kann die Praxis dem Mitarbeiter die Kosten gleich einem Darlehen vorstrecken und der Mitarbeiter muss diese Kosten dann zu einem späteren zu vereinbarenden Zeitpunkt an die Praxis zurückzahlen.
Das Bundesarbeitsgericht begründet dies in seinen Entscheidungsgründen zu seinem Urteil vom 25.01.2022 (Az. 9 AZR 144/21) mit folgenden Ausführungen:
„Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen… . Dies gilt insbesondere für Klauseln, die eine unbedingte Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben und daher dem Arbeitnehmer … nicht die Möglichkeit einräumen, die Rückzahlung der Darlehenssumme durch Betriebstreue zu vermeiden… . In Fällen, in denen das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis ohne Auswirkung auf seine - ohnehin bestehende - Zahlungsverpflichtung ist, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Arbeitgeber seinen über Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis hinausgehenden Aufwand verringert. Denn außerhalb des Berufsbildungsgesetzes hat er ein anerkennenswertes Interesse daran, Arbeitnehmer einzusetzen, die die vertragliche Arbeitsleistung ohne weiteres erbringen können, die erforderlichen Voraussetzungen also bereits anderweitig erworben haben… .“
Weiterhin erläutert das Bundesarbeitsgericht, warum eine mit einer Bedingung verknüpfte Vereinbarung rechtlich unwirksam ist und nimmt auf eine andere seiner Entscheidungen Bezug:
„Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. November 2008 (- 3 AZR 192/07 -), auf das das Landesarbeitsgericht maßgeblich abstellt, steht dem nicht entgegen. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Klausel, die die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers von einem zweijährigen Verbleib im Unternehmen des Arbeitgebers abhängig machte. Derartige Vereinbarungen sind geeignet, das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) einzuschränken (vgl. BAG 11. Dezember 2018 - 9 AZR 383/18 - Rn. 24, BAGE 164, 316). Eine Rückzahlungsverpflichtung, die nur in den Fällen eingreift, in denen ein Arbeitnehmer aus von ihm zu vertretenden Gründen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist geeignet, den Vertragspartner dazu zu bestimmen, an dem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber über den Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist festzuhalten (sog. „Bleibedruck“, vgl. BAG 18. März 2014 - 9 AZR 545/12 - Rn. 19). Ein solcher Druck besteht in Fällen wie dem vorliegenden nicht. Die hier in Rede stehenden Klauseln (§ 1 und § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag) machen die Verpflichtung des Vertragspartners, die Darlehenssumme an den Verwender zurückzuzahlen, weder dem Grund noch der Höhe nach von einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abhängig. Die Rückzahlungsverpflichtung ist vielmehr unbedingt und besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das nach § 4 Ausbildungsvereinbarung von der Insolvenzschuldnerin zu unterbreitende Angebot, mit ihr ein Arbeitsverhältnis … zu begründen, annimmt. Eine Einschränkung des durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Rechts, den Arbeitsplatz jederzeit frei zu wählen und die erworbene Qualifikation anderweitig zu nutzen, ist deshalb bei einer Vertragsgestaltung wie der im Streitfall nicht zu befürchten.“
- Kommentar
Die Entscheidung wird vom Bundesarbeitsgericht nachvollziehbar begründet und zeigt eine klare Abgrenzung auf, die es einzuhalten gilt.
Der Mitarbeiter kann zur teilweisen oder vollkommenen Übernahme der Fortbildungskosten herangezogen werden. Dies darf aber nicht an die Bedingung geknüpft sein, er müsse die Kosten von der Vereinbarung abweichend dann nicht tragen, wenn er eine gewisse Dauer nach Abschluss der Fortbildung in der Praxis weiterarbeitet.
Letztlich steht es jeder Praxis und jedem Arbeitgeber frei, über die Beteiligung oder sogar komplette Übernahme der Kosten für eine Fortbildung des Mitarbeiters zu entscheiden. Den Mitarbeitern Schulungen zu ermöglichen und vielleicht sogar zu finanzieren kann neben der erweiterten Qualifikation des Mitarbeiters auch zu einer positiven Betriebsbindung führen. Ein Mitarbeiter, der die Praxis nach einer möglicherweise noch recht teuren Fortbildung zeitnah verlässt, hat dies eventuell sogar im Voraus geplant. In dem Fall wäre der Mitarbeiter schlecht ausgewählt aus dem Team, um genau diesen fortzubilden. Dieses Risiko lässt sich naturgemäß nicht vollkommen ausschließen.
- Handlungsempfehlung
Soll sich der Mitarbeiter an den Kosten einer Fortbildung beteiligen, sollte dies schriftlich festgehalten werden. Die Vereinbarung darf nicht den Inhalt haben, der Mitarbeiter müsse die Kosten abweichend doch nicht übernehmen, wenn er eine gewisse Zeit in der Praxis verbleibt.
Dr. Susanna Zentai
Rechtsanwältin
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